Historie
Es ist eine wechselvolle Vereinsgeschichte mit vielen Höhen, aber auch schweren Zeiten.
Der Bau der Eisenbahnlinie von Hengelo in Holland nach Hamburg führte an der Kreuzung der Chausseen Bremen-Hamburg, Stade-Verden nach der Errichtung des Bahnhofes Ottersberg zum Entstehen des Ottersberger Ortsteiles Bahnhof. Ottersberg hatte zu jener Zeit gerade einmal 1.364 Einwohner. Neben einem Handelsunternehmen entstand auch das Bahnhofshotel von Hermann Thieß. Dieser war ein rühriger Gastwirt und Geschäftsmann. Neben seinem berühmten Sommergarten „Luisenruh“ baute er 1910 einen großen Tanzsaal und für den Kriegerverein einen Schießstand mit 9 Schießbahnen von 150 und 100 Metern Länge sowie laufender Wildscheibe. Er war sehr modern ausgestattet mit Klingelanlage, Telefon und Anzeigetafel. Am 21. Mai 1911 fand dort das Verbandsschießen des Kreiskriegerverbandes Achim statt.
(Gaststätte am Bahnhof)
In einer Versammlung am 9. April 1911 bat Gastwirt Hermann Thieß den Schützenverein Ottersberg von 1888, seinen Schützenplatz von seinem angestammten Platz in den Kreuzbuchen zu seinen neu erbauten Anlagen zu verlegen. Der Antrag wurde diskutiert und für zwei Jahre zurückgestellt, weil die Restauration zu den Schützenfesten für zwei Jahre noch verpachtet war.
Das Interesse an dem neuen Schießstand war natürlich riesengroß. Vor allem reizte es nach dem hervorragend gelungenen Verbandsschießen des Kriegervereins viele Schützen, diese Anlage zu benutzen. Es lag aber ein Antrag von Bürgermeister und Gastwirt Conrad Giese vor, dass -falls ein neuer Verein gegründet werde- Mitglieder des bestehenden Vereins dem neuen nicht angehören dürften. (Der Bürgermeister und zugleich Gastwirt hatte die Restauration noch zwei Jahre gepachtet.)
Aber dann passierte es doch: An Sonntag, 11. Juni 1911 begrüßte der Viehhändler und Schlachter Hinrich Müller (Pferdeschlachter aus dem Alten Weg) mit einer kernigen Rede in der Gaststätte Thieß 22 Herren, die zur Gründung eines neuen Schützenvereins zusammengekommen waren. Es wurde beschlossen, den neuen Verein „Schützengilde Ottersberg“ zu nennen. Das Protokollbuch weist Hinrich Müller als Hauptmann aus. Der gesamte Vorstand wurde an diesem Tage gewählt.
(Hinrich Müller, Vereinsgründer und 1. Vorsitzender von 1911 bis 1926 und Rudolf Behr sen., 1. Vorsitzender von 1926 bis 1929)
Auf der Versammlung vier Wochen später waren weitere sieben Herren dem Verein beigetreten. Damit die Schützengilde einheitlich gekleidet auftreten konnte, wurden von Schneidermeister Früchtenicht Uniformjacken für 28 Mark das Stück genäht. Für diese Uniform zahlte jeder Schütze 10 Mark, der Rest wurde angeliehen und musste von den Schützen in kleinen Raten abgezahlt werden.
Für den Schießbetrieb stellte Gastwirt Thieß sechs Mauser-Scheibenbüchsen zur freien Verfügung. Um beim Umzug eine „stramme Bewaffnung“ herzustellen, wurde Schriftführer Ludwig Reysen beauftragt, 30 Exerziergewehre aus Holz anzuschaffen. Diese hatten oben im Holzlauf eine kleine Öffnung, in die beim Umzug Blumen gesteckt wurden.
Tischlermeister Röhrs wurde beauftragt, zur sicheren Aufbewahrung der Scheibenbüchsen einen Gewehrschrank zu bauen.
Die teuerste Anschaffung im Gründungsjahr war die Königskette, die noch heute die Brust eines jeden Schützenkönigs ziert. Sie wurde für 80 Gold-Mark bei der Firma Wilkens, Bremer Silberwarenfabrik, gekauft.
Die Presse berichtete am 4. September noch einmal ausführlich, dass Gastwirt Thieß einen großen Teil seines Besitzes zu einem Schießplatze hergegeben habe und diesen mit Schießmauern, Fernsprecher und elektrischen Klingeln versehen habe - für damalige Verhältnisse etwas besonders Fortschrittliches. Auch die große Fest- und Tanzhalle sei fertig, man wolle nun für den neuen Schützenverein ein Stiftungsfest unter Beteiligung des Kriegervereins abhalten.
Der Königspokal wurde 1911 vom in Deutsch-Südwest-Afrika lebenden Großgrundbesitzer Goltermann, der zu Besuch in Ottersberg weilte, als Wanderpokal gestiftet.
(Pokal)
Laut Versammlungsbeschluss von 1930 sollte der Pokal dann für immer im Verein bleiben. Der letzte Vorkriegskönig, Martin Viets, brachte den Pokal unbeschadet über den Zweiten Weltkrieg. Seit 1955 trinken alle Könige bei der Proklamation aus diesem schweren Silberpokal.
Im Gründungsjahr gelang es sogar, eine eigene 15 Mann starke Schützenkapelle auf die Beine zu stellen, die zum Ball aufspielte und im Sommergarten „Luisenruh“ Platzkonzerte gab.
Im nächsten Jahr wurde von der Mündener Fahnenfabrik „Tribion“ (heute Hann. Münden) eine schöne, heute noch vorhandene Fahne gefertigt. „Tribion“, 1878 gegründet, war seinerzeit die größte Fahnenfabrik Europas. Sie war unter anderem Hoflieferant des Zaren von Rußland und des Spanischen Hofes. Eine Fahne kostete ab 400 Goldmark.
(Neue Fahne / Vorderseite)
Die Fahnenweihe wurde von Rektor Ahlers aus Hemelingen vollzogen. Acht Vereine nahmen am Umzug teil, nur nicht der Schützenverein Ottersberg von 1888. Auch dieses erfolgreiche Fest klang aus mit einem „Hoch“ auf den Deutschen Kaiser. Im nächsten Jahr 1913 nahm aber schon die Schützengilde am 25-jährigen Jubiläum des Vereins von 1888 teil. Da hatten sich die Wogen schon geglättet.
Am 8. Mai 1913 wurde die junge Schützengilde unter der Nr. 13 beim „Königlich Preussischen Amtsgericht“ in Achim eingetragen. In der Frühjahrsversammlung wurde die Schützengilde im Weser-Aller-Schützenbund aufgenommen.
Aber auch dunkle Wolken zogen sich über dem Vereinshaus zusammen. Zwei Mitglieder der Schützengilde hatten die Schießbücher gefälscht und sich je 384 Mark ergaunert. Sie wurden am 4. Juni aus dem Verein ausgeschlossen und zur Wiedergutmachung des Schadens aufgefordert.
In den Jahren des Ersten Weltkriegs von 1914 bis 1918 beteiligte sich die Schützengilde an humanitären Aufgaben. Bereits am 14. August beteiligte man sich mit 50 Mark an der Fürsorge für Bedürftige. Weihnachten 1914 wurde den Kriegern im Felde ein Paket geschickt, den Kindern der Soldaten ein Geschenk gemacht. Kaufmann Franzen schickte jedem Krieger ein Paket mit 20 Zigarren.
Die folgenden Versammlungen, die einzige Vereinstätigkeit im Kriege, befassten sich vorwiegend mit dem Verlesen von Dankschreiben aus dem Felde.
1919 wurde wieder ein Schützenfest gefeiert. Hermann Thieß jr. wurde König.
Im Frühjahr 1920 verstarb der Gastwirt, Mitbegründer und Gönner des Vereins, Hermann Thieß sen.
Seit 1920 wurde eine Aufnahmegebühr für neue Vereinsmitglieder beschlossen. Damals war der Betrag von 5 Mark beachtenswert. Die Uniform wurde nicht mehr geliefert, sondern nur noch die Achselstücke. Im selben Jahr wurden erstmals die Gewehre zum Büchsenmacher zur Reparatur gegeben.
Am 21. November erfolgte die Teilnahme am Feldgottesdienst des „Stahlhelm“ in Uniform und mit Fahne in Ottersberg.
Die große Depression setzte allen sehr zu, die Arbeiter im Verein konnten die Mitgliedsbeiträge kaum noch aufbringen. Es wurde jetzt monatlich kassiert. 1921 spendete die Schützengilde ihr gesamtes Barvermögen in Höhe von 1.052,47 Mark für das Reichsnotopfer.
In dem Jahre richtete die Schützengilde das Verbandsfest des WAW-Verbandes aus. Es kamen Vereine aus Verden, Eversen, Taaken, Cluvenhagen, Sagehorn, Nienburg, Wörpedorf, Falkenberg, Heidberg, Oyten, Posthausen, Grasdorf, und der Ottersberger Schützenverein von 1888 war auch dabei. Die Umsatzzahlen damals: Einnahmen 7.526,50 Mark, Ausgaben 7.691,80 Mark, Verlust 165,30 Mark.
Die Inflation ab dem Jahre 1923 bescherte dem Chronisten hohe Summen: So wurde beim Schützenfest 1.604.595,67 Mark eingenommen und ein Überschuss von fast 80.000 Mark erzielt.
Zur Teilnahme an der Fahnenweihe in Taaken bekam aus der Vereinskasse: Jedes Mitglied 2.000 Mark, der Vizekönig 5.000 Mark, der König 10.000 Mark.
In dem Jahr betrug der Überschuß beim Schützenfest 868.470 Mark.
1924 heiratete der Gastwirt Hermann Thieß jr. auf den Hof Heitmann in Tüchten. Er wurde erfolgreich Bauer und vielseitiger Unternehmer. Sein Bahnhofshotel verkaufte er an Gastwirt Fritz Schäkel, jedoch ohne den umfangreichen Schießstand, der schon in die Jahre gekommen war. Dieser wurde vom neuen Hotelier pachtweise übernommen.
(Gruppenbild von 1926)
Schießstandsicherheit, Standaufsicht und sichere Aufbewahrung der Waffen waren auch zu damaliger Zeit schon ein Thema. So schreibt der Landrat aus Achim am 26. Juni 1931 an das Landjägeramt, den Gastwirt Schäkel aufzusuchen und ihm aufzugeben, „bis zum 15. Juli 1931 am Anzeigerstande an jeder Seite ein Brett zum Verdecken des Mauerwerks anzubringen. Die erfolgte Erledigung ist hierunter anzuzeigen. Weiter ersuche ich hierunter anzugeben, welcher Art von Waffen und Munition auf dem Schießstande verwendet werden sollen und wer als Aufsichtsperson beim Schießen in Frage kommt. Weiter ist anzugeben, wo die zur Verwendung kommenden Waffen aufbewahrt werden.“ Darauf antwortet der Landjäger in einem Brief, „daß die fraglichen Bretter am Anzeigestand angebracht worden sind. Als Waffen und Munition werden 22 long rifle und Mauser Kleinkaliber Modell ES 340 N Einzellader verwandt. Als Aufsichtspersonen kommt der ehemalige Unteroffizier Friedrich-Heinrich Kreuzgrabe, geb. 24. April 1899, wohnhaft Ottersberg, Große Straße 56, der beim Reserve Feld-Artillerie Regiment 36 gedient hat, in Frage. Die Waffen werden in einem besonderen Waffenschrank der hierzu angefertigt ist, verschlossen von dem Gastwirt Fritz Schäkel, aufbewahrt.“
Wie das häufig so ist, gab es Differenzen über Reparaturarbeiten am Schießstand, vor allem wegen deren Kosten, zwischen den Herren Thieß und Schäkel. Auch ein Verkauf des Standes scheiterte. Die Kaufpreisforderungen waren für Schäkel zu hoch.
Hermann Thieß baute daraufhin den prächtigen aus Fachwerk gebauten Schießstand ab und erstellte aus den Materialien auf der gegenüberliegen Seite der Bahn eine Viehverladehalle. (Später wurde das Heidesand).
Der Bahnhof Ottersberg war seinerzeit ein führender Verladebahnhof für Schlachtvieh in die westdeutschen Großstädte. Manch ein Einwohner, sogar selbständige Handwerker wie Korbmacher und Schuster, verdingten sich an den Verladetagen als Schweinetreiber und erzielten so ein attraktives Zubrot.
Der jetzige Besitzer des Bahnhofshotels, Fritz Schäkel, wollte nun einen eigenen Schießstand bauen. Er wollte nur einen 50 Meter Stand. Die Schützengilde wollte aber auf einen 100 Meter Stand nicht verzichten. Es kam zu keiner Einigung, und mit Versammlungsbeschluss vom 26. August 1931 wurde das Vereinslokal vom Bahnhofshotel in den Kernort zum „Ottersberger Hof“ verlegt.
Auf dem Amtshof (heute Sitz der Waldorfschule) wurde ein neuer 100 Meter Stand gebaut. Hierfür mussten 100 Reichsmark jährliche Pacht gezahlt werden. Der Landrat gestattete mit Schreiben vom 7. Juni 1932 sogar das Schießen mit dem Karabiner A Modell 98 und Stahlmantelgeschossen.
(Amtshof Ottersberg)
Die Schützengilde und der Ottersberger Schützenverein beantragten 1933 die Aufnahme in den Deutschen Schützenbund. Dabei wurde ihnen beschieden, dass in jedem Orte nur ein Schützenverein existieren dürfe und man die Zusammenlegung der beiden Vereine fordere. In der folgenden Zeit wurden für die Schützengilde Schriftführer Blohm und Johann von Bargen, für den Schützenverein von 1888 A. Warneke und Heinrich von Bargen delegiert, diese Zusammenlegung auszuarbeiten und zu organisieren. Das Ergebnis: Laut Versammlungsbeschluss sollte der Ottersberger Schützenverein von 1888 der Schützengilde von 1911 angegliedert werden. Es sollte eine neue Satzung ausgearbeitet werden und dem neuen Verein in Anlehnung an einen ehemaligen Verein, dem zusammengelegten Verein den Namen „Ottersberger Schützenkorps von 1856“ geben.
Die feierliche Zusammenlegung der Schützenvereine am 13. Juli 1935 war ein gesellschaftliches Großereignis. Das Achimer Kreisblatt berichtete darüber: „Alle Vereine einschließlich der NSDAP und des BDM nahmen an dem Aufmarsch teil. Im offenen Viereck stellten sich alle auf dem Marktplatz auf (heute Busbahnhof). Mit Musik marschierten beide Vereine ein und nahmen gegenüber Aufstellung. Hauptmann Wilhelm Sprenger begrüßte die Gäste und Vereine, besonders den Otterberger Schützenverein von 1888. Dessen stelltv. Hauptmann Wrede ging näher auf die Vereinigung der Vereine ein. Hauptmann Sprenger gedachte ferner der Kämpfer von 1870/71, die ein einiges Deutschland schmieden halfen, gedachte der Helden, die im Weltkrieg 1914 bis 1918 ihr Leben für uns opferten. Nach Abspielen der Nationalhymne und des obligatorischen Horst-Wessel-Liedes erklärte Hauptmann Sprenger die gemeinsame Zukunft der beiden Vereine als begonnen.“ Mit einem Fackelzug ging es durch den Flecken zur Kranzniederlegung am Ehrenmal und anschließend zurück zum Marktplatz, wo diese grandiose Veranstaltung mit dem „Großen Zapfenstreich“ endete.
Der neue Verein hatte 103 Mitglieder einschließlich der Ehrenmitglieder. Das erste gemeinsame Schützenfest brachte eine riesige Beteiligung, galt es doch gleich zwei Schützenkönige abzuholen.
Nach und nach wurde aber dieses nicht gewachsene, sondern eigentlich ungewünschte Vereinsgebilde ausgehöhlt, der beginnende Zweite Weltkrieg entzog durch den Wehrdienst dem Verein die Mitglieder. Die Reihe der Gefallenen wurde immer länger. Der Krieg zwang schließlich zur Einstellung aller Aktivitäten. Nach der Kapitulation von 1945 verbot die Militärregierung der britischen Zone alle Schützenvereine. Das Ottersberger Schützencorps von 1856 wurde aufgelöst, die Baulichkeiten wurden beseitigt und die Wertsachen beschlagnahmt.
Die erste Not nach dem Zweiten Weltkrieg war überwunden, viele hatten eine Arbeit gefunden, also eine Grundlage für die Ernährung der Familie, vielleicht sogar schon eine neue Bleibe gefunden oder gar ein Haus gebaut. Das große Flüchtlingsproblem war weitgehend gelöst. Das öffentliche Leben pulsierte schon wieder und andernorts wurden schon wieder Schützenfeste gefeiert. Da erinnerte man sich im Ottersberger Ortsteil Bahnhof der alten Schützentradition von 1911. Was damals von den Vätern begonnen worden war, wurde wieder mit Leben versehen. Am 16. Juli 1955 versammelten sich 18 Herren und erklärten, dass sie die Tradition der Schützen von 1911 wieder aufnehmen wollten.
Mit 46 Mitgliedern unter dem Vorsitzenden Fritz Beigel wurde bereits am 4. September 1955 die Stiftungsfeier mit Preisschießen auf dem vor dem Kriege noch verschmähten 50 Meter Schießstand eröffnet und am 10. September mit einem großen Festball im Bahnhofshotel gefeiert.
Vorher war es zwei Schützen noch gelungen,die alte historische Fahne zu bergen, die auf dem Dachboden bei von Bargen vor dem Zugriff er alliierten Soldaten versteckt worden war.
Der alte Gewehrschrank, mehrfach mit Farbe übermalt, fand sich auch wieder an. Für immer verloren blieb die alte Kanone (Böller), mit der jedes Schützenfest und jedes Sylvesterfeuerwerk eingeschossen wurde. Die Mauser Scheibenbüchsen und die wertvolle Scheibenbüchse aus der Waffenschmiede „Harta“ in Sachsen waren ebenso unwiederbringlich verschollen. Auf dem Schützenfest 1956, kurz vor der Proklamation des Königs Fritz Schulz, überreichte das schon seit einigen Jahren wieder aktivierte Ottersberger Schützenkorps von 1856 mit einer stattlichen Abordnung die alte Königskette von 1911 an Major und Ehrenmitglied Wilhelm Sprenger. Der letzte „Juckepunkt“ in den Beziehungen der beiden Vereine war damit ausgeräumt und dem freundschaftlichen Miteinander stand nichts mehr im Wege. Die gegenseitige Teilnahme der beiden Vereine an ihren jeweiligen Festen war eingeleitet. Die Schützengilde nahm mit einer großen Abordnung an der 100-Jahrfeier des Ottersberger Schützenkorps teil.
1961 feierte die Schützengilde den 50. Jahrestag ihrer Gründung mit einem großen Fest. 17 auswärtige Vereine nahmen daran teil. Die Anwohner hatten die Straßen und ihre Vorgärten für den Festumzug wunderschön geschmückt. Diese große Feier mit einem gelungenen Festball war ein neuer Meilenstein in der neueren Geschichte der Schützengilde.
Die Schützengilde Ottersberg betätigte sich bei der Integration der Damen in den Schießsport als Vorreiter. Nach zweijähriger psssiver Mitgliedschaft einiger Ehefrauen von engagierten Schützenmitgliedern wurde am 21. Januar 1968 auf der Jahreshauptversammlung die Damenabteilung gegründet. Diese Damenriege war sofort erfolgreich im sportlichen Schießen gestartet und ist bis heute eine tragende Säule unseres Vereinslebens. Einige sehr erfolgreiche Schützinnen sind heute das Aushängeschild unserer Gemeinschaft.
1972 wurde in Eigenarbeit ein Luftgewehrstand gebaut und die erste selbstgebaute handbetriebene Kurbel-Zugscheibe installiert. Das war damals eine gewaltige Modernisierung. Auch im Kleinkaliberstand wurden jetzt die Automaten gegen elektrische Zugscheiben ausgetauscht. Damit war eine genauere Auswertung der Schießergebnisse möglich.
Endlich, im Jahre 1976 bekamen die Damen ihre lang ersehnte eigene Königskette. Sie wurde von Siegfried Allermann gestiftet.
Der 2. Mai 1980 war ein besonderer Tag für die Schützengilde Ottersberg von 1911. An diesem Tage bekam sie ihre neue Fahne. Der Verein hatte sie bei der Firma Fahnen-Kreisel in Karlsruhe für den Betrag von 3.932,40 DM anfertigen lassen. Sie war der historischen Fahne nachgebildet worden. Die alte ließ sich nicht mehr reparieren. Die vielen Umzüge auch bei Regenwetter hatten ihr stark zugesetzt. An der anschließenden Fahnenweihe nahmen 25 Vereine mit rund 400 Personen teil. Die Kosten der Fahne wurden komplett durch Spenden der Vereinsmitglieder aufgebracht.
(Neue Fahne / Rückseite)
Eine neue Zeit bricht an.
Der Schießstand war inzwischen für den sehr intensitiven Vereinssport einfach nicht mehr ausreichend. Der Saal hätte zudem für Feilichkeiten dringend eine Renovierung gebraucht, und auch der Festplatz war viel zu klein. Am 2. Oktober 1980 erfolgte daher eine Ortsbegehung des Gemeinderates und Pläne für einen Umbau des Schießstandes wurden vorgestellt. Gemeinde, Landkreis, Sportbund und die Schützengilde wollten die Kosten für die Umgestaltung übernehmen. Der seinerzeitige Eigentümer, Gastwirt Dieter Schnackenberg, lehnte jedoch diese Maßnahme ab. Daraufhin erfolgt auf der Jahreshauptversammlung 1981 der Beschluß zum Bau einer eigenen Sportanlage. Die Verhandlungen wegen der Finanzierung wurden aufgenommen und ein passendes Grundstück stellte die Gemeinde Ottersberg zur Verfügung.
Das Verhältnis zum Gastwirt verschlechterte sich nun zusehends. Der Wirt forderte kurz vor dem Schützenfest plötzlich eine Saalmiete von 550 DM und später eine monatliche Pachtzahlung von 300 DM für die Schießstandnutzung. Dieses Ansinnen wurde vom Verein abgelehnt. Eine kurze Zeit später kündigte der Gastwirt allen Vereinen, die im Gasthof ihr Vereinslokal hatten. Die öffentliche Fuhrwerkswaage wurde stillgelegt und auch die Viehabnahme an der Viehwaage wurde unterbunden. Später wurde der Gaststättenbetrieb auch noch eingestellt, das gesamte Bahnhofshotel an einen ausländischen Mitbürger verkauft. Durch einen Brand bei Renovierungsarbeiten war das Gebäude nur noch eine Ruine und wurde nach einigen Jahren abgerissen und auf dem weiträumigen Areal eine neue Doppelhaussiedlung gebaut.
Die Schützengilde war durch diese Entwicklung heimatlos geworden, hatte kein Domizil mehr, hatte jetzt keinen Raum mehr zur Aufbewahrung seiner Waffen und der Fahne, auch konnte keiner mehr nach dem Schießen gemütlich sein Bier in der Gaststube genießen. Auch Versammlungen konnten nicht mehr abgehalten werden. Für die Schützengilde begann eine schlimme Zeit ohne Vereinslokal und ohne Schießstand. Die Versammlungen fanden allerdings bei Schützenbruder und Gastwirt Dirk Otterstedt in seiner „Moorhexe“ statt, zum Übungsschießen stellte das Ottersberger Schützenkorps v. 1856 seine Anlagen in den Kreuzbuchen zur Verfügung, und das Schützenfest wurde fortan in eigener Regie ohne Beteiligung eines Gastwirtes im Zelt auf der Wiese der Familie Seidenfaden an der Verdener Straße abgehalten.
Die Schützengilde ist dem Ottersberger Schützenkorps für seine Bereitschaft, damals den Schießstand benutzen zu dürfen bis zum heutigen Tage noch immer sehr dankbar.
In dieser bemerkenswerten Zeit hat der Zusammenhalt der Mitglieder und auch der Förderer eine unglaubliche Gemeinschaft gebildet.
Das 75-jährige Jubiläum vom 6. bis 8. Juni 1986 wurde zum Höhepunkt der bisherigen Vereinsgeschichte. 49 Vereine nahmen an dem Fest teil. Die drei großen Festzelte konnten die vielen Umzugsteilnehmer kaum fassen. Fast 1.000 Umzugsteilnehmer waren erschienen und wurden von jeweils einer Musikgruppe für jeden Verein in das Festzelt begleitet. Sogar befreundete Schützen aus dem niederbayerischen Straubing waren mit einem ganzen Bus voller in prächtige Trachten gehüllter Schützen angereist. Alle Festredner waren des Lobes voll über die Leistung dieses kleinen Vereines und seiner engagierten Mitglieder.
Die Erfolgsgeschichte ging aber immer weiter. Neben den Vorbereitungen zum Jubiläum hatte der Verein den Bau eines neuen Schützensportzentrums im Otterberger Ortsteil Bahnhof geplant. Die Festteilnehmer konnten bereits die riesige schon ausgehobene Baugrube bestaunen. Sofort nach den Feierlichkeiten ging die Bautätigkeit in Eigenleistung voran. Jeden Tag fand man Menschen auf der Baustelle. Keiner war sich zu fein, die Karre zu schieben oder die Mischmaschine zu bedienen. Der Eifer war so groß, dass sich zwei Schützen schon mal mit erhobenen Schaufeln gegenüberstanden, weil der eine die Schaufel Erde weggenommen hatte, die der andere gerade dorthin gebracht hatte. Nach Feierabend war dann aber alles auch wieder vergessen und das Bier in der Baubude schmeckte dann besonders gut.
(Schützenhaus / Foto: Marcus Schmidt)
Bei diesem großen Bauvorhaben konnte man feststellen, dass so vieles möglich ist, wenn sich jeder einbringt. Gebrauchte Baumaterialien wurden irgendwo abgebaut. Die Dachkonstruktion des Möbelhauses von Bargen fand eine neue Verwendung und auch die große Warmluftheizung ebenso. Mitglieder des „Gemischten Chores“ standen mit in einer Reihe und zimmerten Balken zusammen. Die Einweihung war schon im Oktober 1987 und wurde natürlich mit einem großen Fest gefeiert, weil das Zelt schon einmal vorhanden war, wurde auch das WAW-Verbandsfest ausgerichtet.
In der Jahreshauptversammlung legte der Vorsitzende Helmut Frank nach 21 Jahren an der Spitze der Schützengilde sein Amt nieder. Unermüdlich hatte er über seine ganze Amtszeit all seine Kraft und Energie, ja seinen ganzen Lebensinhalt „seiner“ Schützengilde gewidmet. Ihm war es gelungen, in schweren Zeiten die Gemeinschaft zu erhalten und als aktiver Schütze stets Vorbild zu sein. Für seine Verdienste wurde er zum Ehrenvorsitzenden ernannt.
Die Damenabteilung beging 1993 ihr 25-jähriges Jubiläum mit einer eindrucksvollen Festveranstaltung. Das 40-jährige Jubiläum im Jahre 2008 wurde ebenso prachtvoll gestaltet. Schließlich fand im Sommer 2018 im Rahmen des jährlichen Schützenfestes das 50-jährige Bestehen unter sehr großer Beteiligung befreundeter Damenabteilungen allgemeine Beachtung. Als musikalische Unterhaltung spielte damals die Blaskapelle des TSV Daverden flotte Weisen auf und verlieh dem Fest einen würdigen Rahmen.
Ein weiterer Höhepunkt in der Vereinsgeschichte war sicherlich im Juni 2011 das 100-jährige Jubiläum des Vereins. Dem demographischen Wandel, dem Alter der meisten Mitglieder geschuldet und letztendlich auch dem Zeitgeist, wählte der Verein unter Federführung von Uwe Remmers ein völlig neues Konzept zu Ausgestaltung dieses Geschehens.
(100-jähriges Jubiläum)
Die Große Tennishalle am Ottersberger Sportzentrum wurde zu einer Festhalle aufwändig hergerichtet. Eine ganze Umkleidekabine wurde durch Installation einer Kühlmaschine zu einem Kühlraum für die vielen Torten hergerichtet. Die Gemeinde hatte die Sportstätte kostenlos zur Verfügung gestellt, so konnte der teure und kraftaufwändige Zeltaufbau vermieden werden. Das gesamte Fest wurde ohne Festumzug an einem Tag abgehalten. Über 600 Gäste waren der Einladung gefolgt und erlebten einen würdevollen Festakt, musikalisch gestaltet vom Grasberger Blasorchester.
Die Festrede hielt der Präsident des Niedersächsischen Sportschützen Verbandes, Herr Heinz Helmut Fischer. Der Präsident des Kreisschützenverbandes Achim, Herr Axel Rott, konnte mit humorvollen Worten der Veranstaltung einen lockeren Stil verleihen. Grußworte vom Sportbund überbrachte deren Kreispräsident Fritz Bruno Scholz, die Politik war vertreten durch den Hausherrn, dem Bürgermeister des Flecken Ottersberg Herrn Horst Hofmann, der Landkreis richtete seine Grüße durch den Landrat, Herrn Peter Bohlmann aus. Die Pokalvereinigung „Alte Aller“ entsandte ihren Präsidenten Bernd Sackrez, der mit einem herzlichen plattdeutschen Grußwort auch den regionalen Bezug zum Ausdruck brachte. Nach dem Präsidenten des Weser-Aller-Wümme-Schützenverbandes, Herrn Reinhard Lüßen folgten eine ganze Reihe freundlicher Grußworte und Glückwünsche, bis dann ein perfekt organisiertes Kaffeetrinken von den so fleißigen, umsichtigen Schützendamen in einer Stunde abgewickelt werden konnte, ohne Pause folgte dann der Übergang in ein buntes vielfältiges Unterhaltungsprogramm. Gestartet wurde mit der Volkstanzgruppe aus Ottersberg, gefolgt von Turniertänzerpaaren aus Bremen und Verden, einem herrlich komischen Sketch, gekonnt dargeboten von Urte Zimmer (gebürtig aus Ottersberg-Bhf), einer Einlage des „Alphorntrios“ aus Osterholz-Scharmbeck. Ein ebenso unvergesslicher Höhepunkt war der Auftritt von „Bauer Heinrich Schulte-Brömmelkamp“ (alias Andre Hölscher). Sein Repertoire schien unerschöpflich und seinen Elan musste der Festleiter bremsen, denn sonst hätte er bis in die Nacht hinein weitergemacht. Danach traten die aus Funk und vor allem Fernsehen bekannten Surflegenden und Musiker, die sehr betagten und auch schon optisch verwegenen Zwillingsbrüder Charchulla und Kollegen von der Insel Fehmarn mit ihrer temperamentvollen karibischen Musik auf.
Die Proklamation des Jubiläumskönigshauses mit König Wilfried Volkmann an der Spitze und der anschließenden Preis- und Pokalverteilung ließen dieses tolle und ungewöhnliche Jubiläumsfest ausklingen.